Weltreisetips

Neulich wurde ich von Freunden gefragt, ob ich ihnen ein paar Reisetips für eine Rucksack-Tour um die Welt geben kann. Eventuell findet ihn ja noch irgendjemand nützlich, wenn er seine Reisepläne auf Plausibilität checken möchte.

Kohle

Auch wenn Ihr ein Jahr lang weg seid, gibt es Verpflichtungen zu hause, die ins Reisebudget schneiden. Es ist wichtig, sich das vorher auszurechnen, um am Ende nicht von überraschenden Geldlecks zur Rückkehr gezwungen zu werden: Miete, Versicherungen (Kranken-, Auto-, Haftpflicht, etc.), Telefonieverträge, Bausparkram. Gern verpeilt werden Betriebskostennachzahlungen, eventuelle Steuerüberraschungen, Kreditkarten- und Kontoführungsgebühren. Macht Euch einen präzisen Plan der unvermeidlichen Ausgaben, wenn Ihr zum Mietesparen Eure Wohnungen/Zimmer untervermietet, vorher checken, ob Untervermietung klargeht und dem Vermieter bescheidgeben. Rechnet das auch für den Ernstfall durch, dass der Untermieter rumspinnt, früher auszieht, etc.

In unterschiedlichen Gegenden der Welt verbrennt man unterschiedlich schnell Kohle. Ich habe in Japan in einer Woche mehr auf den Kopf gehauen, als in Südamerika in zwei Monaten. Man _kann_ “on a shoe string” weltreisen, die einschlägigen Reiseführer sagen einem auch, mit wieviel Kohle man pro Tag Reise rechnen muss und das geht bei US$25 in Ländern wie Bolivien und Vietnam los, wenn man Dorms in den Hostels nimmt. Zum Vergleich: Für Deutschland werden so US$55 angesagt. Das sind so Richtwerte für Unterkunft, Mampf, Party, lokalen Transport und Sightseeing. Damit kann man schon mal grob die Kosten für’s Jahr abschätzen. Unter 10.000 Euro pro Jahr wegzukommen, ist unrealistisch. (Man kann aber unterwegs was dazuverdienen.)

Dazu kommen natürlich Flüge, Fähren und Landtransporte. Geheimtip zum Kontinente wechseln sind Frachtschiffe, auf denen man günstige Überfahrten bekommt, die dauern aber zuweilen. Ansonsten sind Klassiker die round-the-world-Tickets, mit denen man zeitlich recht flexibel Regionen der Welt andüsen kann wie hier http://www.statravel.de/flug-around-the-world-beliebte-routen.htm oder das deutlich weniger zeitlich, dafür aber umso mehr örtlich flexible und zuweilen billigere Schnäppchensuchen bei skyscanner.com/opodo/expedia, um sich die einzelnen Routenteile zusammenzusuchen. Wenn ich dabei eins aus leidvoller Erfahrung empfehlen darf: Wenns irgendwie geht, reist westwärts, Euer Biorhythmus wirds Euch danken. Ich bin damals mit selber Klicken, um die um die Welt verteilten Freunde zu besuchen, mit 1800 Euro ostwärts rumgekommen. Ein wenig Reserve zu haben, um im Notfall einen Flug zur deutschen Botschaft zu organisieren, lässt entspannender reisen. Neben den großen Hops müsst ihr natürlich noch Rumreisen bis zum Weiterfliegen organisieren. In Südamerika ist z. B. Busfahren eine echt gut organisierte, sichere und saubere Option. Ich bin von Lima bis Sao Paolo auf dem Landweg.

Dem Abfluss von Geld kann man mit Jobben entgegenwirken, was jedoch den Urlaubsspaß deutlich schmälert. Klassiker sind 2 Monate Kiwipflücken in Neuseeland (auf die Saison achten), in den Hostels an Bar, Putzfront oder Kasse auszuhelfen und deutschen oder englischen Sprachunterricht zu geben. Wenn Ihr nicht durch Zufall Kfz-Mechaniker seid oder sonst Fähigkeiten habt, die weltweit nützlich sind, solltet Ihr eher nicht damit rechnen, mehr als Hilfsarbeiten zu machen. Zudem gibts ordentlich Konkurrenz, auch aus Gegenden mit deutlich höherer Schmerztoleranz. Reiseführer zu konsultieren hilft ein bisschen.

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Route

Wie oben schon angedeutet, ist Umrunden ne recht schlaue Option, achtet drauf, möglichst ähnliche Regionen nicht direkt hintereinander abzugrasen. Wenn man Neuseelands Sounds gesehen hat, sind die Anden weniger spannend, Mexiko Stadt und Buenos Aires direkt hintereinander ermüdet auch. Am besten ist, Temporawechsel einzubauen, sowas wie Kambodscha => Seoul => Bali => Auckland. Wenn ihr schon wisst, welche Regionen Ihr spannend findet, bucht Euch feste Flüge, wenn Ihr mal reinschnuppern und bei Bedarf doch wieder weiterrocken wollt, die roundtheworld-Tickets.

Hier lohnt ins Detail zu gehen erst nach dem Vorfühlen, was Euch so reizt. Visums- und Impfnachweispflicht bei Einreise checken. Auswärtiges Amt hilft. Pass muss ich sicher nicht extra erwähnen.

Reiseführer

Die gängigen Führer (Lonely Planet, Rough Guide, Let’s Go, Bädicker ;) sprechen ganz unterschiedliche Zielgruppen an. Lest Euch testweise einen für Eure Heimatstadt und einen durch, wo Ihr Euch auskennt, um ein Gefühl für Akkuratesse der Informationen, Lebensgefühl der Autoren und Kompatibilität mit Euren Vorstellungen von Spaß zu bekommen. Ich für meinen Teil benutze die “Geheimtips” im Lonely Planet als Warnliste für Reisen.

Wenn man in eine neue Stadt fährt, ist es praktisch, einen Anlaufpunkt (also ein Hostel) im mittleren Preissegment für eine Nacht zu buchen und von da aus alle anderen zu besuchen und bei Gefallen umzuziehen. Feilschen in Hostels ist meist nicht. Für diese Übersicht ist ein Papier-Reiseführer nützlich. Nach nem Internet-Cafe mit vollem Gepäck und gerädert von der Busfahrt zu suchen, ist unnötig stressig. Im Hostel gibts meist Internet.

Wegwerfnotebook

Mit einem gebrauchten Netbook für <100 Euro kann man sich viel Ärger und Internetcafegebühren sparen. Die Dinger sind inzwischen leicht und dünn und in fast allen Hostels und Cafes gibts Wifi. Damit muss man nicht drauf warten, bis die gelangweilten Wohlstandstouris auf den trojanerverseuchten Büchsen zuende-ge-facebooked haben, man kann Backups der Fotoapparate machen und schnell mal eben welche auf CD brennen und heimschicken und sorglos Onlinebanking machen.

Ansonsten ist Musikabspielgerät unabdingbar. Busreisen ohne Musik auf den Ohren ist öde. Ans Netzteil denken.

Reisegepäck

Mehr als zwei Rucksäcke zu 20kg und max 10kg solltet Ihr nicht mitnehmen. Merinowolleklamotten rocken. Kann man im Wechsel auch mal mit zwei Shirts ne Woche klarkommen. In einigen Regionen der Welt verschwinden auch gern mal Dinge aus Fluggepäck, also nicht die unersetzlichen Lieblingssachen mitnehmen, sondern im Notfall vor Ort shoppen. Auch für Partybekleidung vorausschauend denken ;)

Was Ihr sonst so braucht, hängt von der Art der Reise ab: Wenn Ihr nur von Hostel zu Hostel hopst, findet Ihr in den Küchen alles vor. Wenns ab und zu ein Abenteuer-Campingtrip sein soll, brauchts natürlich Outdoorgeschirr, etc. Man kann in den meisten Unterkünften auch Reisegepäck für längere Zeit parken, also die Stadtklamotten inna Plastetüte in den Gepäckraum, während man Wildnis guckt.

Ansonsten bereitet Euch drauf vor, zu latschen wie noch nie, selbst wenn Ihr sonst gern und viel wandert: Beim Traveln ist man praktisch nur am irgendwo Rumlatschen und Dinge Angucken, wenn man nicht gerade seine Wirbelsäule im Bus ruiniert.

Andere Traveller

Übertriebener Pathos ist unter Rucksacktouris weit verbreitet. Ignoriert am besten alles was mit “You _HAVE_ to see XY” oder “If you haven’t seen XY, you’ve missed it all” anfängt. Die 18jährigen Amitouris sind leicht zu beeindrucken und meist haben sie nur ein paar zufällige positive Erlebnisse an einem Ort mitgenommen, die die Erinnerungen trüben, oder sie lügen gar und geben die Infos aus dem Lonely Planet als eigene Storys aus. Die ruhigen, meist etwas älteren Traveler in der Ecke, die Euch abgewogene Pros und Kontras von den Etappen ihrer Reise(n) aufzählen, sind verlässlichere Tippgeber.

Wirklich gute Tipps gibts natürlich bei den Locals, sich einfach mal angenehm verirren und Leute in was anderem als Englisch anquatschen, wirkt Wunder (… wenn man nicht gerade in den Favelas von Rio spaziert. Aber auch da kanns angenehme Überraschungen geben: Townships in Südafrika sind herzlicher als man so denkt.)

Sport

Wenn mans nicht eh schon tut, ist so eine Reise eine Supergelegenheit, mit dem Schwimmen anzufangen. Kann man praktisch überall machen, der Rücken braucht das echt und braucht kein zusätzliches Gepäck, wie Joggen oder Ballsport.

Frauendinge

Guckt am besten für alle Ziele die Sektionen “Reisen als Frauen” durch. Nicht überall ist als einzelne Frau rumzureisen entspannt. Im Notfall schnappt Euch den am wenigsten aufdringlich aussehenden Hippietraveler mit dem gleichen nächsten Ziel zum Zusammenreisen. Quotenmännchen in der Reisegruppe spart Nerven.