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| author | 46halbe <46halbe@berlin.ccc.de> | 2018-05-26 06:47:22 +0000 |
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| committer | 46halbe <46halbe@berlin.ccc.de> | 2020-05-23 13:40:13 +0000 |
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| 1 | title: Kein Hessentrojaner für den Geheimdienst, aber für die Polizei | ||
| 2 | date: 2018-05-25 22:48:00 | ||
| 3 | updated: 2018-05-26 06:47:22 | ||
| 4 | author: erdgeist | ||
| 5 | tags: update, pressemitteilung | ||
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| 7 | In Hessen sollen Staatstrojaner per Gesetz erlaubt werden. Damit bekäme die nächste Landespolizei die Genehmigung zum staatlichen Hacken. Der hessische Geheimdienst soll hingegen keine Spionagesoftware einsetzen dürfen. | ||
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| 9 | <!-- TEASER_END --> | ||
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| 11 | Die schwarz-grüne Koalition in Hessen hat offenbar eine Einigung im | ||
| 12 | Streit um den Hessentrojaner erzielt. Demnach soll der hessische | ||
| 13 | Verfassungsschutz über die geplante Änderung des | ||
| 14 | Verfassungsschutzgesetzes keine Erlaubnis zum staatlichen Hacken | ||
| 15 | bekommen, wohl aber die hessische Polizei (im HSOG). Damit wäre auch in | ||
| 16 | Hessen die Erweiterung des Ermittlungsarsenals um Staatstrojaner | ||
| 17 | ausgemacht. | ||
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| 19 | In der Begründung, die von der hessischen Fraktionsspitze und den | ||
| 20 | Landesvorsitzenden an die Grünen-Mitglieder geschickt wurde, \[1\] kann | ||
| 21 | man nachlesen, dass heftig umstrittene Polizeigesetze in einigen anderen | ||
| 22 | Bundesländern nun als Begründung herhalten müssen. Damit kommt ein | ||
| 23 | Domino-Effekt in Gang: Was die eine Polizei darf, müssen alle anderen | ||
| 24 | auch haben. Die Landesmitgliederversammlung der hessischen Grünen hatte | ||
| 25 | demgegenüber explizit eine „friedliche Cybersicherheitsstrategie“ | ||
| 26 | gefordert und sowohl die Staatstrojaner-Variante der | ||
| 27 | „Online-Durchsuchung“ als auch der „Quellen-TKÜ“ abgelehnt. | ||
| 28 | |||
| 29 | Ignoriert wird bei dem gefundenen „Kompromiss“, dass sowohl gegen die | ||
| 30 | Regelungen anderer Bundesländer als auch die im Bund | ||
| 31 | Verfassungsbeschwerden vorliegen. In Hessen selbst kam in der | ||
| 32 | parlamentarischen Anhörung mit Ausnahme der Polizeigewerkschaft keiner | ||
| 33 | der Sachverständigen zu dem Schluss, dass die geplanten Regelungen | ||
| 34 | verfassungsgemäß seien. Der Chaos Computer Club (CCC) hatte sich in | ||
| 35 | seiner Stellungnahme \[2\] ebenfalls gegen Staatstrojaner positioniert. | ||
| 36 | |||
| 37 | Dirk Engling, Sprecher des CCC, sagt: „Wenn nun die Spionagegelüste der | ||
| 38 | Polizeien die Integrität der IT-Systeme untergraben, ist dies keinen | ||
| 39 | Deut besser, als wenn die Spionagesoftware der Geheimdienste dafür | ||
| 40 | sorgt. Aufgabe des Staats wäre es stattdessen, die ohnehin | ||
| 41 | stiefmütterlich behandelte Forschung an Softwaresicherheit zu | ||
| 42 | unterstützen.“ | ||
| 43 | |||
| 44 | Die nun um sich greifende Staatstrojaner-Welle bedeutet für den | ||
| 45 | Steuerzahler, dass immer mehr staatliche Gelder investiert werden, um | ||
| 46 | die IT-Sicherheit für Wirtschaft, Verwaltung und Privatpersonen | ||
| 47 | absichtlich zu unterminieren. Schließlich muss auch die Spionagesoftware | ||
| 48 | der Polizei Sicherheitslücken ausnutzen, um einen Staatstrojaner | ||
| 49 | heimlich auf einem Computer oder Mobiltelefon von Verdächtigen oder | ||
| 50 | Kontaktpersonen unterzubringen. | ||
| 51 | |||
| 52 | Vielleicht könnten die offenbar vom staatlichen Hacken nicht | ||
| 53 | abzubringenden Unionschristen erstmal folgende Fragen beantworten: | ||
| 54 | |||
| 55 | - Wer darf den Quellcode des Hessentrojaners einsehen? | ||
| 56 | - Wie soll das justizielle Kontrollsystem mit staatlicher | ||
| 57 | Spionagesoftware umgehen? | ||
| 58 | - Wer programmiert den hessischen Trojaner und woher kommen die | ||
| 59 | IT-Sicherheitslücken? Wie lange sollen sie wissentlich offengehalten | ||
| 60 | werden, bis man sich bequemt, den betroffenen Herstellern und | ||
| 61 | Nutzern Bescheid zu sagen? | ||
| 62 | - Soll eine Art Bieterwettstreit entstehen, in dem die einzelnen | ||
| 63 | Bundesländer und der Bund die auf dem Graumarkt erhältlichen Lücken | ||
| 64 | immer teurer machen? | ||
| 65 | - Wie kann ein Verdächtiger, dessen Computer oder Mobiltelefon gehackt | ||
| 66 | wurde, oder dessen Strafverteidiger oder die betroffenen Richter | ||
| 67 | nachvollziehen, was genau die Schadsoftware auf dem | ||
| 68 | informationstechnischen System getan hat? | ||
| 69 | |||
| 70 | Der CCC setzt sich mit Nachdruck gegen die um sich greifende | ||
| 71 | Normalisierung der gesetzlichen Erlaubnis zum Einsatz von | ||
| 72 | Staatstrojanern ein. Die Entwicklung, immer mehr staatlichen Stellen | ||
| 73 | Spionagesoftware an die Hand zu geben, ist ein bedrohlicher Irrweg. Er | ||
| 74 | ignoriert die Risiken, die mit der staatlichen Alimentierung einer | ||
| 75 | Branche einhergehen, die mit der IT-Unsicherheit ihr Geschäft macht. | ||
| 76 | |||
| 77 | ### Links: | ||
| 78 | |||
| 79 | - \[1\] [Brief der hessischen grünen Fraktionsspitze an die | ||
| 80 | Mitglieder](/system/uploads/257/original/Gruene-VerfSchG.pdf "Brief der Fraktionsspitze") | ||
| 81 | - \[2\] [Stellungnahme des CCC zum | ||
| 82 | Hessentrojaner](https://ccc.de/system/uploads/252/original/CCC-staatstrojaner-hessen.pdf "Stellungnahme des CCC zum Hessentrojaner") | ||
