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| author | 46halbe <46halbe@berlin.ccc.de> | 2011-04-25 23:56:29 +0000 |
|---|---|---|
| committer | 46halbe <46halbe@berlin.ccc.de> | 2020-05-23 13:39:00 +0000 |
| commit | b87ff1f2bbcb72cfa857f09ebff670f879dccf27 (patch) | |
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committing page revision 1
Diffstat (limited to 'updates/2011')
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| 1 | title: Kulturwertmark | ||
| 2 | date: 2011-04-25 22:43:00 | ||
| 3 | updated: 2011-04-25 23:56:29 | ||
| 4 | author: admin | ||
| 5 | tags: update, pressemitteilung | ||
| 6 | |||
| 7 | Der Chaos Computer Club (CCC) will der festgefahrenen Diskussion um die zukünftige Gestaltung einer gerechten Bezahlung für Kreative neues Leben einhauchen. Wir schlagen die Einführung eines neuen Konzeptes vor: die Kulturwertmark. | ||
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| 9 | <!-- TEASER_END --> | ||
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| 11 | Die aktuelle Debatte um die Finanzierung von Kunst und Kultur im | ||
| 12 | digitalen Zeitalter ist festgefahren. Es fehlte bisher ein Konzept, dass | ||
| 13 | zwei Ziele verbindet: Zum einen soll in Zukunft schöpferische Tätigkeit | ||
| 14 | materiell gerecht entlohnt werden. Zum anderen sollen Werke allgemein | ||
| 15 | zugänglich und kreativ weiterverwendbar sein, ihre Verwendung und | ||
| 16 | Archivierung nicht durch DRM (Digital Rights Management) behindert | ||
| 17 | werden. | ||
| 18 | |||
| 19 | Zukünftig soll der Nutzer der Werke mit Hilfe des | ||
| 20 | Kulturwertmark-Systems, einer Form des digitalen Micropayments, direkt | ||
| 21 | bestimmen können, welche Kreativen wieviel Geld von ihm bekommen. Jeder | ||
| 22 | Teilnehmer zahlt einen festen monatlichen Betrag ins System ein, den er | ||
| 23 | dann in Form von Kulturwertmark an Künstler seiner Wahl vergeben kann. | ||
| 24 | Als Ausgleich stehen die Werke nach einigen Jahren oder nach Erreichen | ||
| 25 | einer bestimmten Kulturwertmark-Auszahlsumme jedem zur | ||
| 26 | nicht-kommerziellen Nutzung zur Verfügung. | ||
| 27 | |||
| 28 | Bisherhige Ideen wie die Kulturflatrate erschweren die Bildung einer | ||
| 29 | Marktdynamik, die für eine breite Akzeptanz nötig ist. Da jeder | ||
| 30 | Teilnehmer seine Kulturwertmark an die Künstler geben kann, die er toll | ||
| 31 | findet, gibt es keine zentrale Vergabebehörde – wie sie bei einer | ||
| 32 | Kulturflatrate notwendig wäre – und niemand muß sich Kriterien für den | ||
| 33 | Wert eines Werkes ausdenken. Wer besonders gute, breit akzeptierte Werke | ||
| 34 | schafft, wird auch entsprechend mehr belohnt. | ||
| 35 | |||
| 36 | Dadurch wird ein alternativer neuer Markt für digitale Werke entstehen, | ||
| 37 | der eine direkte Bezahlung für Urheber vorsieht. Gleichzeitig wird eine | ||
| 38 | wachsende digitale Allmende geschaffen. Damit das System die gewünschte | ||
| 39 | Wirkung zeigt und ein hinreichend großes Volumen erreicht, könnte | ||
| 40 | beispielsweise jeder Nutzer durch einen Zuschlag zum | ||
| 41 | Internet-Breitbandanschluß beteiligt werden, den er dann in Form von | ||
| 42 | anonymen Micropayment-Einheiten, den Kulturwertmark, zum Belohnen von | ||
| 43 | Werken seiner Wahl zurückerhält. | ||
| 44 | |||
| 45 | "Das Konzept der Kulturwertmark nutzt auf intelligente Weise die | ||
| 46 | aktuellen technologischen Möglichkeiten, um sinnvolle Lösungen für die | ||
| 47 | direkte Bezahlung von schöpferisch Tätigen zu realisieren", erläuterte | ||
| 48 | CCC-Sprecher Frank Rieger den Vorstoß. "Wir wollen raus aus den | ||
| 49 | Grabenkriegen, in denen die Diskussionen bisher feststecken, hin zu | ||
| 50 | einem zeitgemäßen, praktikablen Interessenausgleich." | ||
| 51 | |||
| 52 | Das Kulturwertmark-System ist in zweijähriger Diskussion mit | ||
| 53 | Schriftstellern, Filmemachern, Malern, Podcastern, Galeristen und | ||
| 54 | Journalisten entstanden und darauf ausgelegt, eine möglichst breite | ||
| 55 | Vielfalt von schöpferischer Tätigkeit zu belohnen. Im Vordergrund stehen | ||
| 56 | dabei die tatsächlichen Interessen der Kreativen. Die Basis für das | ||
| 57 | Kulturwertmark-System soll von einer Stiftung als Open-Source-Software | ||
| 58 | realisiert werden, so daß sie in Zukunft auch in anderen Ländern | ||
| 59 | verwendet und weiterentwickelt werden kann. | ||
| 60 | |||
| 61 | Im Rahmen des fairen Ausgleichs zwischen allen Interessensgruppen sind | ||
| 62 | eine Reihe von grundlegenden Änderungen an den bestehenden | ||
| 63 | Urheberrechtsmodellen notwendig. Insbesondere müssen Schutzfristen | ||
| 64 | deutlich verkürzt und die straf- und zivilrechtliche Verfolgung von | ||
| 65 | Filesharing und privaten Kopien auf kommerzielle – also auf | ||
| 66 | profitorientierte Gewinnerzielung zielende – Verstöße beschränkt werden. | ||
| 67 | Ebenso sollen die verwerterorientierten Prämissen des derzeitigen | ||
| 68 | Urheberrechts überwunden und ein angemessener Ausgleich zwischen | ||
| 69 | Autoren- und Rezipientenrechten erzielt werden. Dafür erhalten die | ||
| 70 | Kreativen in Deutschland die Möglichkeit, an einem riesigen neuen Markt | ||
| 71 | mit garantiertem Mindestvolumen teilzunehmen und die Gewißheit, daß ihre | ||
| 72 | Werke auch in Zukunft zugänglich und rezipierbar bleiben. | ||
| 73 | |||
| 74 | "Mit der Kulturwertmark wird gleichzeitig die gerechte Entlohnung von | ||
| 75 | Kreativen gesichert, die sinnlose Verfolgung des privaten, | ||
| 76 | nicht-kommerziellen Filesharing beendet und eine deutliche Vergrößerung | ||
| 77 | der digitalen Allmende erreicht", faßte CCC-Sprecher Frank Rieger die | ||
| 78 | Vorteile des Systems zusammen. | ||
| 79 | |||
| 80 | Ernstgemeinte Vorschläge für einen griffigeren Namen als | ||
| 81 | "Kulturwertmark" nimmt der CCC selbstverständlich gern entgegen. | ||
| 82 | |||
| 83 | |||
| 84 | |||
| 85 | **Links**: | ||
| 86 | |||
| 87 | FAQ: [Fragen und Antworten zur | ||
| 88 | Kulturwertmark](http://ccc.de/de/faq-kulturwertmark) | ||
| 89 | |||
| 90 | iRights.info News: <http://irights.info/?q=ccc-kulturwertmark> | ||
| 91 | |||
| 92 | Konzeptpapier als PDF: | ||
| 93 | <http://irights.info/userfiles/CCC_Konzept_Kulturwertmark.pdf> oder | ||
| 94 | alternativ | ||
| 95 | [hier](http://ccc.de/system/uploads/65/original/kulturwertmark-neu.pdf) | ||
| 96 | |||
| 97 | Konzeptpapier: <http://irights.info/?q=ccc-konzept-kulturwertmark> | ||
| 98 | |||
| 99 | |||
| 100 | |||
| 101 | **Das Konzept**: | ||
| 102 | |||
| 103 | 1\. Jeder Teilnehmer am System zahlt monatlich einen allgemein | ||
| 104 | festgelegten Betrag. (In der radikalsten Variante wird der Betrag von | ||
| 105 | allen Steuerpflichtigen erhoben. Realistisch ist für den Anfang die | ||
| 106 | Erhebung über den Internetzugang.) | ||
| 107 | |||
| 108 | 2\. In Höhe dieses Betrages erhält jeder Teilnehmer Einheiten einer | ||
| 109 | kryptographisch gesicherten Micropayment-Währung, der Kulturwertmark. | ||
| 110 | |||
| 111 | 3\. Jeder Künstler, der am System teilzunehmen wünscht, registriert sein | ||
| 112 | Werk für die Teilnahme. | ||
| 113 | |||
| 114 | 4\. Nutzer können nun auf einfache Weise einen Betrag in Kulturwertmark | ||
| 115 | ihrer Wahl für das Werk an den Künstler transferieren. Sie erwerben | ||
| 116 | damit keine persönlichen Rechte an dem Werk, sondern drücken ihre | ||
| 117 | Wertschätzung aus. Es steht dem Künstler natürlich frei, beispielsweise | ||
| 118 | für den Download eines Werkes von seiner Seite einen bestimmten Betrag | ||
| 119 | der Kulturwertmark festzusetzen. Alternativ kann die Möglichkeit zum | ||
| 120 | Ausgeben der Kulturwertmark in Werke integriert werden, die dann völlig | ||
| 121 | außerhalb der Kontrolle des Künstlers getauscht oder per Filesharing | ||
| 122 | weitergegeben werden können. Der Künstler erhält das Euro-Äquivalent der | ||
| 123 | für ein Werk gezahlten Kulturwertmark in regelmäßigen Abständen | ||
| 124 | ausgezahlt. | ||
| 125 | |||
| 126 | 5\. Wird ein zuvor festgelegter Schwellwert erreicht, fallen die | ||
| 127 | Verwertungsrechte für das Werk automatisch in den Besitz der | ||
| 128 | Öffentlichkeit und stehen fortan unter einer freien Lizenz, | ||
| 129 | beispielsweise einer geeigneten Variante aus dem | ||
| 130 | Creative-Commons-Fundus. | ||
| 131 | |||
| 132 | 6\. Beträge, die von den Teilnehmern innerhalb eines bestimmten | ||
| 133 | Zeitraumes (etwa ein Jahr) nicht ausgegeben werden, werden automatisch | ||
| 134 | entsprechend aller vergebenen Beträge verteilt. Es gibt also eine | ||
| 135 | vorhersehbare Menge Geld, die pro Jahr tatsächlich verteilt wird. | ||
| 136 | |||
| 137 | 7\. Als Gegenleistung für diesen de facto garantierten Mindestumsatz | ||
| 138 | wird das bisherige Urheberrecht deutlich zugunsten der Rezipienten | ||
| 139 | geändert. Exzessiv lange Schutzfristen werden verkürzt, die zivil- und | ||
| 140 | strafrechtliche Verfolgung nicht-kommerziellen Filesharings wird | ||
| 141 | eingestellt. | ||
| 142 | |||
| 143 | Im Ergebnis entsteht ein zweiter Markt für Kunst- und Kulturwerke, der | ||
| 144 | mit minimalem Bürokratie-Überhang zum einen ein sinnvolles Auskommen für | ||
| 145 | Künstler ermöglicht, zum anderen dabei den Marktkräften noch vollen Raum | ||
| 146 | zur Entfaltung läßt und schlußendlich eine fortlaufend wachsende | ||
| 147 | digitale Allmende schafft, die allen zur Verfügung steht. | ||
